Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020
Deutschland hat seit dem 1. Juli 2020 den Vorsitz des Rates der Europäischen Union. Alle 14 Jahre ist ein Mitgliedsstaat für 6 Monate für die Präsidentschaft des Rates verantwortlich. Hat ein Mitgliedsstaat die EU-Präsidentschaft inne, muss er dafür sorgen, dass die Arbeit des Rates vorangeht und Entscheidungen gefällt werden. Die Ratspräsidentschaft wechselt unter den Mitgliedsstaaten der EU im sogenannten Rotationsprinzip alle sechs Monate.
Der Rat der Europäischen Union
Der Rat der Europäischen Union besteht aus den Ministern der Nationalstaaten. Welche Minister sich treffen, hängt von dem Thema ab, das diskutiert wird. Wenn es um Fragen in der Landwirtschaft geht, treffen sich beispielsweise alle Landwirtschaftsminister. Wenn es jedoch um ein bestimmtes gesundheitspolitisches Thema handelt, treffen sich alle 28 Gesundheitsminister. Es gibt zehn solcher „Ratsformationen“, also Themenbereiche, die im Rat der Europäischen Union besprochen werden. Die Aufgabe des Rates ist es, die Gesetzesvorschläge der Europäischen Kommission zu bewerten und der Bewertung entsprechend anzunehmen oder abzulehnen. Zusammen mit dem Europäischen Parlament bildet es so den legislativen Zweig der Europäischen Union. Abhängig von dem Themenbereich, über den abgestimmt wird, gelten unterschiedliche Abstimmungsverfahren. Außenpolitische Angelegenheiten müssen einstimmig beschlossen werden, während in anderen Bereichen eine einfache Mehrheit reicht.
Drei Hauptaufgaben der EU-Ratspräsidentschaft
Sie leitet und moderiert die Treffen und Arbeiten des Rates der Europäischen Union:
Die erste Hauptaufgabe ist die Treffen des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Rates vorzubereiten und zu leiten. Dementsprechend leitet die deutsche Bundeskanzlerin den Vorsitz des Europäischen Rats und die deutsche Landwirtschaftsministerin den Vorsitz der Ratsformation der Landwirtschaft. Die Präsident*innen präsentieren in der ersten Sitzung der jeweiligen Ministerratsformation ihre Ziele. In Streitfällen übernimmt die Ratspräsidentschaft die Rolle des Vermittlers und muss zwischen den EU-Mitgliedern schlichten.
Sie vertritt den Rat der Europäischen Union gegenüber den anderen EU-Institutionen:
Vor allem die Abstimmung mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament bildet eine zentrale Aufgabe der Präsidentschaft in der Vertretung des Rates. Sie muss am Beginn ihrer Amtszeit dem Parlament einen Arbeitsplan vorlegen und muss am Ende der sechs Monate über die erreichten Ziele berichten. Die EU-Präsidentschaft leitet die Verhandlungen zwischen Parlament und Rat über gesetzgebende Vorhaben. Die Beziehungen zur EU-Kommission sind bei Verhandlungen über internationale Handelsabkommen besonders wichtig. Die Kommission repräsentiert in diesem Fall mit Zustimmung des Rates die gesamte Europäische Union.
Sie repräsentiert die Europäische Union auf internationaler Ebene:
Die dritte Hauptaufgabe der Präsidentschaft besteht darin, den Dialog mit Drittstaaten aufrechtzuerhalten und produktiv fortzusetzen. Zusammen mit dem Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik * vertritt die Präsidentschaft die Europäische Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die Ratspräsidentschaft repräsentiert die Positionen der Europäischen Union in Verhandlungen mit internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen (UNO) oder - gemeinsam mit der Kommission - in der Welthandelsorganisation (WTO).
Das Rotationsprinzip
Die Aufgabe der Ratspräsidentschaft rotiert unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union alle sechs Monate. Die Reihenfolge wird von den Ratsmitgliedern einstimmig beschlossen und ist bereits bis ins Jahr 2030 festgelegt.
Deutschland ist zwar hauptverantwortlich für das Programm im zweiten Halbjahr 2020, stimmt sich dabei aber eng mit seinen Nachfolgern Portugal und Slowenien ab: Portugal übernimmt den Vorsitz im Januar 2021 von Deutschland und gibt ihn sechs Monate später an Slowenien weiter. Es ist nicht das erste Mal, dass die drei Staaten als sogenannter Dreiervorsitz eng zusammenarbeiten. Bereits 2007/2008 bildeten die drei Länder die erste Trio-Ratspräsidentschaft in der Geschichte der EU.
* Der Hohe Vertreter führt den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ führt im Namen der Europäischen Union den politischen Dialog mit Drittländern und vertritt den Standpunkt der Union in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen. Er wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission für eine Amtszeit von 5 Jahren ernannt.